Auf das Wesentliche konzentrieren - Predigt zur Diözesanwallfahrt 2012

„Kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Beutel, kein zweites Hemd“ (Mk 6,7-13) - so ausgestattet will Jesus die Seinen auf dem Weg, den Glauben zu verkünden, sehen. Nur mit der Botschaft vom Reich Gottes sollen sie...

„Kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Beutel, kein zweites Hemd“ (Mk 6,7-13)  - so ausgestattet will Jesus die Seinen auf dem Weg, den Glauben zu verkünden, sehen. Nur mit der Botschaft vom Reich Gottes sollen sie sich auf den Weg machen, alles, was sie selbst und andere davon ablenken könnte, soll zu Hause bleiben. Das ist der Sinn dieser äußeren Armut, die Jesus den Jüngern auferlegte. Damit sollen sie frei sein, damit allein Jesu Botschaft sie ausfüllt. Dabei geht Jesus nicht davon aus, dass die Jünger überall freundliche Aufnahme finden. Sie müssen – damals wie heute – mit Widerstand rechnen, mit Ablehnung und Gleichgültigkeit. „Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter und schüttelt den Staub von euren Füßen zum Zeugnis gegen sie“, sagt Jesus und macht damit deutlich, dass selbst der Staub der Straße bei denen zurück bleibt, die die Botschaft nicht hören wollen. Alles bleibt, wie es war: Der Staub, der Schmutz, der Alltag, das Einerlei, Mehltau anstatt Aufbruch. Der Glaube, den die Jünger verkünden sollen, ist ein Glaube der Veränderung bringt, der die Menschen wach, ja unruhig machen möchte, der sie drängt, diesen Glauben weiterzutragen, weiterzuerzählen, von der befreienden und lebensstiftenden Botschaft. In unserer von Reizen und Informationen überfluteten Zeit ist es schwer, das Wesentliche zu erkennen. Da ist so vieles, was ablenkt, sodass man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen kann. Daran möchte uns der Text erinnern, nicht in Form einer Vorschrift oder eines Gesetzes, das es zu beachten gilt, sondern in Form einer Einladung, darauf zu achten, den Blick immer einmal wieder zu weiten, um das „Wesentliche“ zu suchen und zu erkennen: Die froh machende Botschaft, die uns unser Glauben schenken kann.

„Ehe ich etwas glauben oder als wahr annehmen soll, muss ich doch Gründe haben, die mich bestimmen zu glauben; ohne solche ist mein Glauben Leichtgläubigkeit und als solcher zu verwerfen.“ (Kolping-Schriften 1, Seite 64)

Adolph Kolping war ein religiöses Genie! Er verstand es Glaube und Leben miteinander in Einklang zu bringen und dabei die „Bodenhaftung“ nicht zu verlieren. Seine Nähe zu den Sorgen und Nöten einer damals sozial benachteiligten Gesellschaftsgruppierung brachte ihm nicht die sofortige kirchliche und gesellschaftliche Anerkennung. Im Gegenteil, ihm wurden Gottvertrauen und Geduld abverlangt bis seinem Anliegen in weiten Teilen von Kirche und Gesellschaft Verständnis entgegengebracht wurde.

Einer jeden Aktivität, der sich Kolpingmitglieder verschreiben, muss daher der Maßstab der „ Geistlichkeit“ angelegt werden. Das Kolpingwerk selber, wenn man es richtig verstehen will, ist ein geistliches Werk: Ein Werk des Heiligen Geistes.

Das Kolpingwerk in all seinen Strukturen hilft mit, Kirche und Gesellschaft zu gestalten, weil die katholische Soziallehre Laien in der Kirche genau diese Aufgabe zuschreibt. Aufgrund unserer verbandlichen Spiritualität müssen wir diesen Auftrag sehr ernst nehmen.

Heilig sein oder nach Heiligkeit zu streben, ist wie ein Protestakt gegen Anpassung! Heilige waren und sind Menschen, die sich jeder Relativierung des christlichen Anspruches auf eine tiefe Verbindung ihres Lebens mit Jesus Christus widersetzt haben. Es geht also heute nicht darum, die Kriterien für Heiligkeit zu verändern, damit wir sie schneller erfüllen. Dieser Versuchung erliegen wir heute nur zu leicht!

Wie zu Zeiten Adolph Kolpings geht es darum, den oder die Menschen zu verändern, um sie auf dem Wege zu Gott und Jesus Christus weiterzubringen und ihr Leben damit geistig zu durchdringen. Wie die Kirchengeschichte zeigt, kann diese tiefe Vereinigung mit dem Sohne Gottes auf viele verschiede Weisen realisiert werden. Der Versuch Adolph Kolpings dies gerade mit einer gesellschaftlichen Randgruppe zu versuchen, zeugt von der Risikobereitschaft, der Entschlossenheit und nicht zuletzt vom Gottvertrauen des Gesellenvaters.

Adolph Kolpings Leben war durchdrungen von einem geistlichen Programm. Als vor über 20 Jahren seine Seligsprechung verkündet wurde, erhielt auch sein Grab in der Minoritenkirche eine neue Gestalt. Als Seliger bittet er nicht mehr um das „ Almosen des Gebetes“ - er selbst hatte dieses Wort testamentarisch als Grabplattenbeschriftung verfügt -, sondern die Kirche glaubt von ihm, dass er bei Gott lebt und unser Fürsprecher in unseren Anliegen ist.

Der Gesellenvater hat die Berufung zur Heiligkeit, die allen Getauften zukommt, beispielhaft vorgelebt. Auch Skeptiker einer Heiligsprechung haben keinen Zweifel daran, dass Adolph Kolping im Licht Gottes leben darf. Um eine „Heiligsprechung“ zu erreichen werden wir nicht „Wundern nachjagen“. Alle Kolpingmitglieder und Menschen guten Willens sind eingeladen, das geistliche Fundament für einen solch wichtigen Schritt zu verstärken.

Die Reliquie die heute zur Aufbewahrung in der Kolpingkapelle St Michael in Eichstätt  übergeben darf soll daran erinnern:

Jeder ist unterwegs auf dem Weg zur Heiligkeit. Wir gehen diesen Weg nicht alleine: Jesus Christus, der Selige Adolph Kolping und viele Schwestern und Brüder zeigen uns die richtige Richtung und zugleich sind sie unsere guten Begleiter auf dem Weg zur Heiligkeit.

Msgr. Ottmar Dillenburg
Generalpräses

Predigt zur Diözesanwallfahrt am 15.07.2012

23.07.2012