Kommentar Kolpingjugend Deutschland

Freiwillig in die Fasten-Krise?

Wer sich heutzutage mit dem Thema Fasten beschäftigt, dem begegnen vielfach Verweise auf eine bestimmte Zeit im Jahr, 40 Tage vor Ostern, in denen dieses Thema traditionell auf der Tagesordnung steht.

Wer sich heutzutage mit dem Thema Fasten beschäftigt, dem begegnen vielfach Verweise auf eine bestimmte Zeit im Jahr, 40 Tage vor Ostern, in denen dieses Thema traditionell auf der Tagesordnung steht.
 
Ansonsten gibt es erst einmal keine allgemein gültigen Vorschriften. Wer sich als junger Mensch dazu bekennt, es mit dem Fasten doch in gewisser Weise ernst zu nehmen und während der besagten 40 Tage Verzicht zu üben, der darf sich nicht wundern, wenn er schon mal Freak genannt wird. Eines jedenfalls scheint gewiss: Das Fasten an sich zählt nicht gerade zu den beliebtesten Trendsportarten gerade der jüngeren Generation. Fasten wird assoziiert mit Verlust und Verärgerung bis hin zum physischen, aber zumindest psychischen Schmerz. Anders gefasst: Wer fastet, begibt sich freiwillig in die Krise. Und wer tut dies freiwillig, gerade in dieser Zeit, da die Krise auch ohne die eigene Initiative allgegenwärtig hinter jeder Ecke lauert? Krise scheint allenthalben das bestimmende Thema, mithin die bestimmende Grundströmung seit geraumer Zeit zu sein: Ob Weltwirtwirtschaftskrise, Finanzkrise, Euro-Krise, Koalitionskrise und nicht zuletzt immer wieder auch die Krise in der Kirche.
 
Aber führt Fasten wirklich in die Krise? Am Beginn des Evangeliums des ersten Fastensonntags steht ein kleiner, leicht zu übersehender, aber wie mir scheint sehr entscheidender Hinweis. Dort steht geschrieben: „Der Geist führte Jesus hinaus in die Wüste…“ – soll heißen: nicht etwa er selbst ging auf eigene Initiative hin. Jesus, der sich seiner Identität zu vergewissern hatte und damit ja geradezu ein auf Krise getrimmter junger Mensch war, er lässt sich führen.
 
Das scheint auch für junge Menschen ein bedeutsamer Aspekt zu sein. Vielleicht geht es in der Fastenzeit entgegen mancher öffentlichkeitswirksamer Einschätzung darum, dem Geist Raum zu geben, um zu wirken. Wer über die 40 Tage auf Alkohol, Schokolade oder was auch immer verzichtet, der hat keine schlechte Initiative ergriffen. Keinesfalls. Man wird sich möglicherweise am Ostersonntag selbst beglückwünschen können. Ist das Fastenprojekt allerdings nicht gelungen, könnte der Weg in eine neue Krise vorprogrammiert sein. Krisensicher wird wohl eher, wer sich innerlich auf diese Zeit einlässt, wer sich mit anderen Worten auch einmal ins Weite hinausführen lässt.
 
Wer das wirklich wagt, wird vielleicht zu der Erkenntnis gelangen können, dass es in vermeintlichen Krisenzeiten nicht auf ein Fasten im herkömmlichen Sinne, sondern auf eine ganz andere Geisteshaltung ankommt.
 
Schon klar: Gerade als junger Mensch kann man skeptisch werden angesichts der stetig wachsenden Fülle an Krisenvorhersagen. Den Bedrohungen durch den Terrorismus scheint man kaum begegnen zu können, der demografische Wandel wird schwelende gesellschaftliche Konflikte noch weiter verschärfen und noch immer diskutiert die Wissenschaft über lebensbedrohliche Krankheiten, ohne erfolgreiche Mittel zur Bekämpfung in Aussicht stellen zu können. Woher also Optimismus nehmen? Und wie könnte man ihn nähren?
 
Als Christinnen und Christen dürfen wir uns zumindest daran erinnern, dass in der Fastenzeit nicht die eigene Initiative dessen steht, der sich da aufmacht. Am Anfang steht die Geschichte Jesu, der vom Geist geführt wurde. Und für uns Gläubige ist das keinesfalls der „Geist der Verzagtheit (…), sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ (2 Tim 1,7).
 
Als Kolpingjugend können wir auf Adolph Kolping verweisen. Geistvergessenheit lag ihm fern. Wie sonst hätte er den (jungen) Menschen seiner Zeit und auch uns die folgenden – offensichtlich zeitlos gültigen – Worte mit auf den Weg geben können, die zugleich in etwa die Grundbewegung des Seligen beschreiben: Die Zukunft gehört Gott und den Mutigen!
 
 
Tim Schlotmann
Der 27-jährige aus dem DV Münster studiert Katholische Theologie. Er ist Mitglied in der AG Jugend und Kirche.
 
Köln, März 2012

Julia Liebhard
15.03.2012